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Foto: Plenarsaal von National- und Bundesrat im Großen Redoutensaal in der Hofburg mit Bildern von Josef Mikl © Parlamentsdirektion / Johannes Zinner

Urheberrechtsgesetz-Novelle: Neue Hürden auf der Zielgeraden

Bis Juni 2021 sollte die vom Europäischen Parlament und Rat im April 2019 beschlossene EU- Richtlinie zum Digital Single Market (DSM-RL) auch in Österreich in nationales Recht umgesetzt werden. Es handelt sich hierbei um die größte europäische Urheberrechtsreform seit 20 Jahren, mit dem ambitionierten Ziel im digitalen Umfeld eine Neuregelung des rechtlichen Rahmens zu schaffen, die den Interessen der Urheber*innen und Nutzer*innen, sowie Rechteverwertern gleichermaßen dient.

Bildrecht-Geschäftsführer Günter Schönberger beschreibt die wesentlichen Punkte der Neuregelung und wichtige Hürden, die im Sinne der Urheber*innen bis zur gesetzlichen Festschreibung noch zu nehmen sind:

Wertschöpfungslücke zwischen Bildurheber*innen und kommerziellen Internet-Plattformen

Hauptanliegen der Reform ist die Schließung der Wertschöpfungslücke, dem vielzitierten „Value Gap“ im digitalen Raum, zwischen den marginalen, meist gar nicht vorhandenen Einnahmen der Bildurheber*innen im Netz und den milliardenschweren Erträgen durch Werbeumsätze auf der Seite der großen Internet-Portale.

Der entscheidende Artikel 17 der EU-Richtlinie sieht daher vor, dass marktmächtige Online- und Social-Media-Plattformen wie Google, Youtube, Facebook, Instagram, Snapchat und Co, die den millionenfachen Bild-Content gewinnbringend auf ihren Plattformen verwerten, erstmals „in die Verantwortung genommen“ werden sollen.

Diese kommerziellen Online-Plattformen haften zukünftig für eine ordnungsgemäße Lizenzierung der hochgeladenen Bilder. Kleinere Dienstanbieter und nichtkommerzielle Wissensplattformen wie Wikipedia sind von den Regelungen ausgenommen.

Faire Vergütungen und praxistaugliche, kollektive Lizenzmodelle

Verantwortung allein bleibt zahnlos, wenn nicht die klare Verpflichtung zu einer fairen Vergütung damit verbunden ist. Die Bildrecht begrüßt hierzu den im Novellenentwurf des österreichischen Justizministeriums vorgesehenen Direktvergütungsanspruch in Form der erweiterten kollektiven Lizenzvergabe an die großen Plattformen (extended collective licensing). Speziell im Bereich der massenhaften Bildnutzungen von Fotografien, Illustrationen, Designs, Karikaturen etc. wäre eine Einzelbild-Abrechnung weder für die Plattformen noch für die einzelnen Urheber*innen bzw. Rechteinhaber praxistauglich oder sinnvoll.

Derartige kollektive Lizenzmodelle bieten nicht nur die nötige Praktikabilität, sondern auch die beste Rechtssicherheit für die Nutzer*innen des Bildrepertoires und vermeiden damit den medienpolitisch fragwürdigen Einsatz von Upload-Filtern.

Weiters können Kunst- und Kreativschaffende, die gemeinsam mit der Bildrecht, den europäischen Schwestergesellschaften sowie weiteren Rechteinhabern ihre Rechte bündeln, viel effektiver gegenüber den mächtigen Plattformen auftreten und eine entsprechende Vergütung ihrer Nutzungen im Internet sicherstellen.

Entwurf des österreichischen Urheberrechtsgesetzes braucht Verbesserungen

Allerdings sind im aktuellen österreichischen Entwurf auch Regelungen vorgesehen, die ergänzungsbedürftig oder abzulehnen sind:

Besonders kritisch ist aus Sicht der Bildrecht die im Umsetzungsentwurf des Ministeriums formulierte „Bagatellgrenze“: Bagatellnutzungen von stehenden Bildern (Fotografien, Werkabbildungen, Lichtbilder, Designs und Grafiken) bis zu 250 Kilobyte wären demnach vergütungsfrei. Eine solche Freistellung ist für das Bildrepertoire strikt abzulehnen.

Denn auch bei niedriger Auflösung handelt sich – anderes als bei Musik-, Film- oder Textnutzungen – bei Bild-Nutzungen immer um das GANZE WERK und nicht wie im Gesetzesentwurf derzeit definiert um „kleine Ausschnitte“. Die aktuellen technischen Verfahren zur Bildkompression können bereits Bilder mit 50 KB großflächig und in guter Qualität auf einem Bildschirm anzeigen.

Sollte eine derartige Bestimmung in das österreichische Urheberrechtsgesetz einfließen, so wäre die Werksparte der Lichtbilder und Grafiken gesondert und entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu behandeln und jedenfalls vergütungspflichtig zu regeln.

Auch die vorgesehene Bestimmung des „Pre-Flaggings“, die es Nutzer*innen erlauben würde, hochgeladene Werke nach eigener Einschätzung entweder als Parodien, Karikaturen oder Pastiches etc. zu markieren, geht zu Lasten der Urheber*innen und ist so nicht akzeptabel. Denn die Kennzeichnung eines Werkes z.B. als Pastiche ist selbst für Urheberrechtsexperten eine Herausforderung und würde die User nach eigenem Ermessen zu einer Lizenzfreigabe der hochgeladenen Inhalte legitimieren. Die hochprofitablen Plattformen entzögen sich über diese Hintertür ihrer Verantwortung: eine faire Vergütung zu bezahlen. Aus Sicht der Bildrecht bedarf es eines Vergütungsanspruchs für die zahlreichen User-Generated-Content- Nutzungen (Parodien, Karikaturen, Pastiches etc.), die auf den großen Plattformen stattfinden.

Geplante Regelungen zum Urhebervertragsrecht stärken Urheber*innen

Positiver zu bewerten sind die Entwicklungen am zweiten „Hauptschauplatz“ der Novelle, dem Urhebervertragsrecht. Der vorliegende Ministerialentwurf verspricht mit der gesetzlichen Verankerung wesentlicher Aspekte des in der Richtlinie vorgesehenen Urhebervertragsrechts eine Stärkung der seit jeher schwächeren Verhandlungsposition der Urheber*innen im Verhältnis zu deren Vertragspartnern. Dazu zählen beispielsweise erweiterte Transparenzbestimmungen oder die Anwendung des sogenannten „Bestseller-Paragraphen“, der bei großem Erfolg eine nachträgliche Vertragsanpassung zulässt.

Wesentlich wäre, im Urhebervertragsrecht auch einen Anspruch auf angemessene und verhältnismäßige Vergütung zu verankern — der aktuelle Entwurf enthält lediglich eine Soll-Bestimmung.


Günter Schönberger | Geschäftsführer Bildrecht