Brigitte Kowanz | 1957 - 2022
Brigitte Kowanz, eine der international bedeutendsten bildenden Künstlerinnen Österreichs, ist am 28. Jänner im 65. Lebensjahr verstorben. Kowanz' Sprache war das Licht, das seit den frühen 80er-Jahren im Mittelpunkt ihrer künstlerischen Arbeit stand.
Das mumok, das Kowanz 2010 mit einer großen Retrospektive würdigte, skizziert in seinem Nachruf die künstlerische Entwicklung von Brigitte Kowanz, die von 1975 bis 1980 an der Hochschule für angewandte Kunst Wien studierte:
"Bereits in den gemeinsam mit Franz Graf in den frühen 1980er-Jahren produzierten Bildern, in denen Kowanz aus dem zeitgenössischen malerischen Mainstream ausscherte, spielten transparente Bildträger und selbstleuchtende Farben eine bestimmende Rolle. Von der Verwendung farbgefüllter oder leerer Flaschen als Lichtquellen, über beleuchtete Luster oder Strahler, bis hin zu sandgestrahlten Glaskörpern mit vorgeblendeten Lichtquellen, die in reale Räume imaginäre Licht-Schattenräume einschreiben, schuf Kowanz bereits in den 1980er- und -90er Jahren ein breites Spektrum lichtbestimmter Werke.
Visualisierte die Künstlerin anfangs in wortloser Form das Licht, so ging sie in weiterer Folge dazu über, auch Sprache und Zahlen in luminaren Szenarien einzusetzen. Lichtbesprechung und Sprachbeleuchtung verleihen dabei in ihrem Wechselbezug dem Immateriellen Form und Sichtbarkeit. Vorbilder dafür finden sich in der konkreten oder visuellen Poesie, in der Textform und Textbedeutung zur Deckung gebracht werden – wo also die Sprache visuell auch „tut“, was sie sinngemäß meint. Ein signifikantes Beispiel dafür ist ihre Arbeit „Licht ist was man sieht.
Die wechselseitige Erhellung von Sprache und Licht findet schließlich im Medium des Spiegels eine Möglichkeit der Potenzierung, da aus der Zweierbeziehung ein Dreiecksverhältnis mit neuen Perspektiven entsteht. Die Spiegel entzünden ein wahres Feuerwerk von Wechselspielen, um nicht zuletzt der Rolle der Betrachter*innen und der Wahrnehmung selbst ein Spiegelbild zu verschaffen."
In ihrer großen Retrospektive im mumok 2010 sowie bei ihrem Beitrag im Österreichischen Pavillon der Biennale in Venedig 2017 konnte man sich davon selbst überzeugen."
Brigitte Kowanz war Trägerin zahlreicher internationaler und nationaler Kunstpreise - 2009 wurde sie mit dem Großen Österreichischen Staatspreis gewürdigt, war Mitglied im Österreichischen Kunstsenat und vertrat Österreich bei der Biennale in Venedig 2017.
An der Angewandten in Wien war Kowanz von 1997 bis 2021 auch als Professorin tätig. In ihrer Klasse für transmediale Kunst setzte Kowanz auf eine Ausbildung abseits des traditionellen Lehrbegriffs – mit offener Lehre, die auf Coaching und Dialogizität basierte. Der transmediale Zugang erschloss ihren Studierenden neue Möglichkeitshorizonte für deren künstlerisches Schaffen und sensibilisierte sie für Unbekanntes und Neues. Für ihre herausragende Arbeit in den 25 Jahren ihrer Lehrtätigkeit erhielt Brigitte Kowanz 2021 den Ehrenring der Universität für angewandte Kunst Wien.
„Österreich verliert eine außerordentliche Vertreterin der Bildenden Kunst unserer Zeit, die weit über die Grenzen unseres Landes hinaus, Anerkennung erlangt hat. Sie war DIE Vorreiterin eines medienübergreifenden Ansatzes in der Kunst, in dem sie Medienkunst und Bildhauerei unter Einbeziehung technisch-naturwissenschaftlicher Methoden miteinander in Beziehung gesetzt und neu definiert hat."
Gerald Bast | Rektor der Universität für angewandte Kunst
"Als jemand, die die neuesten (Licht)Technologien genau beobachtete und in ihre Arbeit einbezog, war Brigitte Kowanz nicht nur eine äußerst versierte Ausstellungskünstlerin, sondern sie brillierte auch mit zahlreichen repräsentativen Installationen im öffentlichen Raum, wie z. B. auf der Libelle des Leopold Museums."
Karola Kraus, Rainer Fuchs und das Team des mumok
"Brigitte, die für ihre Lichtkunst bekannt war, machte bestimmt keine feministische Kunst. Ihre Objekte und Installationen aus Neonröhren und Spiegeln nahmen analytische, sprachliche, mediale, auch mathematische Fragestellungen in den Blick. Und doch muss sie für Künstlerinnen jüngerer Generationen prägend gewesen sein. Sie kämpfte sich aus der Jungs-Partie der 1980er-Jahre heraus, erarbeitete sich eine Position, in einer Zeit, wo Museen noch nicht darauf stolz waren, wenn sie Ausstellungen von Frauen zeigten. In einer Zeit, da das Bewusstsein über den weibliche Anteil an der Kunstgeschichte noch überhaupt nicht vorhanden war und männliche Professoren die Kunstunis dominierten. Professoren, die teilweise ihre eigenen Vorstellungen von Geschlechterrollen hatten."
Nina Schedlmayer | Kulturjournalistin und Kunstkritikerin | zum vollständiger Nachruf
„Das Werk von Brigitte Kowanz hat mich, seit ich es kenne, begeistert. Eine Lichtkünstlerin, Botschafterin des Lichts zwischen Wissenschaft und Magie, wie außergewöhnlich! Brigitte ist mir in den letzten Jahren, in den vielen gemeinsamen Treffen und Gesprächen über ihre Kunst ans Herz gewachsen. Ihr Werk schätze ich überaus. Ich werde sie vermissen.“
Angela Stief | Direktorin Albertina Modern, Chefkuratorin für Gegenwartskunst, Albertina
"Brigitte Kowanz war Zeit ihres Lebens eine Ausnahmeerscheinung: Sie war nicht nur eine international gefeierte Künstlerin, sondern auch ein großartiger Mensch."
Andrea Mayer | Kunst- und Kulturstaatssekretärin
"Ihr ist die Erweiterung des Bildbegriffs in Richtung Licht zu verdanken. Licht und Schatten, Raum und Zeit - diese Phänomene wusste Kowanz auf einzigartige Weise zu reflektieren. Dem bahnbrechenden Werk entsprechend erhielt die Künstlerin internationale und nationale Anerkennung für ihren medienübergreifenden Kunstansatz."
Veronica Kaup-Hasler | Kulturstadträtin der Stadt Wien
"Brigitte Kowanz war eine der bedeutendsten österreichischen Gegenwartskünstlerinnen, die vor allem durch ihre unterschiedlichen Zugänge zur Bildenden Kunst eine Entwicklung prägte, die zwischen Kunst und Wissenschaft die künstlerische Forschung maßgeblich vorantrieb."