ATMOSPHÄRISCHES FENSTER
Bildraum Studio
14. April 2023 bis 11. Mai 2023
Benjamin Brommer, Miriam Raggam-Alji,
Mischa Guttmann, Klaus Mayr & tools4art
"Atmosphärisches Fenster" haben die Kunstschaffenden der Ausstellung als Begriff aus der Meteorologie entlehnt, um darauf hinzudeuten, dass auch Kunstwerke eine Atmosphäre schaffen, die einen sinnlichen Einfluß auf den menschlichen Energiehaushalt nehmen kann. Im Bildraum Studio widmen sich Benjamin Brommer, Miriam Raggam-Alji, Klaus Mayr, Mischa Guttmann und tools4art neben dem visuellen Schaffen von Atmosphäre - etwa durch Formgebung und Farbpalette - insbesondere den akustischen und taktilen Parametern, die unsere Wahrnehmung beeinflussen können.
Der Themenkreis ist weit gefächert und gibt dabei dennoch tiefen Einblick in die persönlichen Auseinandersetzungen der einzelnen Kunstschaffenden mit den Grenzen unserer heutigen Gesellschaft, deren Fallstricken sowie der Bedeutung von Empathie und Selbstbestimmung. Auf Basis der letztgenannten psychologischen Mechanismen machen sich die Kunstschaffenden die Symbolisierungsfähigkeit des Menschen zu nutze - sprich die Fähigkeit das Innenleben mit der äußeren Realität durch ein Symbol zu verbinden und mitteilbar zu machen. Eine weitere Methode ist die Inszenierung um für Atmosphärisches eine Formensprache zu finden.
The-Artist-Is-Present:
Benjamin Brommer: Donnerstag, 4. Mai, 15-20 Uhr
tools4art: Freitag, 5. Mai, 15-18 Uhr
Finissage & Lesung: Samstag, 6. Mai, 17-20 Uhr
mit Birgit Linauer, Schauspielerin
Ausstellungsdauer: 14. April - 11. Mai 2023
Besichtigungen außerhalb der angeführten Termin sind nach Vereinbarung unter:
bildraum@bildrecht.at möglich.
ZU DEN POSITIONEN
Benjamin Brommer
Benjamin Brommer beschäftigt sich mit kulturellen Phänomenen rund um HIV/AIDS aus Perspektiven schwuler bzw. queeren* Subkulturen. Nach einem halben Jahrhundert ist HIV beschreibend für eine Gesellschaft, die Metapher- und Mythenbildung dazu nutzt, um Macht mutwillig gegen Menschenleben zu tauschen. Zusätzlich werden subkulturelle Bewegungen von Außenstehenden erotisiert und fehlinterpretiert in den Mainstream gebracht. So werden auch Sexualitätsmuster von schwulen Männern beobachtet und beforscht, wobei das daraus resultierende Produkt zu Ausgrenzungen führt. Benjamin Brommers Arbeiten drehen sich um Stigmabekämpfung, die Pharmaindustrie, die Pornoindustrie mit ihrem Einfluss auf die Sexkultur und sexualisierter Drogenkonsum. Einen Schwerpunkt legt der Künstler dabei auf die Untersuchung von raumspezifischen Verhaltenscodes: die Dynamik zwischen Körper, Text, Raum und dem Publikum.
Miriam Raggam-Alji
Miriam Raggam-Alji setzt sich in ihrer künstlerischen Arbeit mit politischen und sozialen Räumen auseinander, beabsichtigt aus der eigenen postmigrantischen Perspektive unsichtbare Mechanismen der Gesellschaft mit subtilem Humor sichtbar zu machen und zögert dabei nicht, sich auch selbst zu positionieren. In ihren Installationen spielt das Miteinbeziehen der Betrachter*innen eine wichtige Rolle. Durch Reflexionen, Platzierungen von Text und der Positionierung der Objekte im Raum wird die betrachtende Person Teil dieser Auseinandersetzung mit Gesellschaft. In den drei Arbeiten „Rosa Kaftan“, „أين من | Min Ayna | Woher “ und „Reflections on Fragility“ beschäftige sie sich mit den Themen Zugehörigkeiten, Zuschreibungen, Ausgrenzungen und deren immanenten Machtstrukturen. Die Arbeiten zeigen einen sehr persönlichen Zugang aus der eigenen post-migrantischen Perspektive als white-passing Person of Color. Der Frage „Woher (kommst du?)“ begegnet Raggam-Alji in der Arbeit „أين من | Min Ayna | Woher “ – eine sehr problematische Frage, denn in ihr sind vor allem weiße Perspektiven und weiße Privilegien eingeschrieben. Exotisierungen, Othering und Zuschreibungen thematisiert Miriam Raggam-Alji in „Rosa Kaftan“. In „Reflections on Fragility“ geht die Künstlerin einem Gefühl nach, das viele vermutlich selbst kennen - zu sehen sind Nägel, die Stärke und Halt symbolisieren, hier aber in Porzellan gegossen wurden. Wie fühlt es sich an mit Zuschreibungen konfrontiert zu sein, die aber nicht der Wirklichkeit entsprechen?
Mischa Guttmann
Mischa Guttmann beschäftigt sich in seiner Wiener Werkstatt vor allem mit handwerklichen Arbeitsprozessen, spezialisiert auf Beton und dem Prototypenbau die zu einem Produkt führen. Der Weg zu den unterschiedlichen Werken stellt eine wiederkehrende Herausforderung dar, von dem der sogenannte Abfall, die Überreste eines Arbeitsprozesses, zeugt. In dem er die Reste bearbeitet entsteht eine material-ästhetische Reflexion über die voran gegangenen Arbeitsschritte. Die Ausstellung im Bildraum Studio zeigt sechs Arbeiten aus 2023.
Klaus Mayr
Klaus Mayr arbeitet in unterschiedlichen Medien von Malerei über Zeichnung bis zu Fotografie. Seine Arbeiten beschäftigen sich damit, wie sich Menschen über ihre Beziehungen zueinander, zu Objekten und Themen konstituieren und definieren. Auch die Heutigkeit von Phänomenen und das Zusammenspiel von emotionaler und intellektueller Erfassung von Realität beschäftigen den Künstler. Besonderes Interesse gilt dabei ambivalenten und fluktuierenden Begriffen. Als Werkzeuge dienen Mayr inhaltlich und formal Stilmittel, wie die aus der Rhetorik abgeleitete klassische Ironie, Analogien, Emblematik, das Zitat und die Übertragung sowie eine meist eklektische und poetische Bildsprache. Historische Bezüge aus der eigenen Geschichte aber auch Bezüge aus „anderen“ Kulturen oder aus „Gegengesellschaften“ zeigen dabei auf, wie Begriffe in anderen Kontexten wahrgenommen und gehandhabt werden (können), um dadurch eine Reflexion über gesellschaftliche Prägung und die Verhandelbarkeit von Prämissen anzuregen. Die Zeichnungen aus der Serie „About boundaries - stop stones / barrier stones / guard stones / guide stones“ beschäftigen mit Grenzen im weitesten Sinne. Vorlage dazu bildeten Sekimori ishi, oder auch tome ishi genannt, Steine, der bei der japanischen Teezeremonie vom Gastgeber verwendet werden, um den Gästen den Weg durch den Teegarten zu weisen. Sie können als Wunsch, freundliche Bitte, Orientierungshilfe, Befehl oder Verbot gemeint sein und gelesen werden. Zwei Praktiken der räumlichen Grenzsetzung, beide ein Konsens innerhalb eines definierten gesellschaftlichen Umfeldes, werden einander gegenübergestellt. Damit soll die Frage aufgeworfen werden, was eine Grenze im realen, wie auch im übertragenen Sinne ist, wie sie aussieht bzw. aussehen kann, wie sie gesetzt werden und wie mit ihr umgegangen werden kann.
tools4art
tools4art arbeitet seit 25 Jahren an der Schnittstelle künstlerischer Gestaltung und spezifischem sozialem Umfeld, oft für und mit marginalisierten gesellschaftlichen Randgruppen. Der Schwerpunkt liegt dabei in der Bildung von Arbeitsgruppen, in denen Entwicklung, Förderung und Erforschung von Kreativität und ihren Prozessen im Mittelpunkt stehen. Das Thema der menschlichen psychodynamischen Prozesse beschäftigt tools4art, also die Ursachen psychischer Vorgänge, und die Bedingungen der Partizipation an- und die Entwicklung der Gesellschaft, in der wir leben. Menschen verändern ihre Persönlichkeit und ihr Umfeld durch Leidensdruck, durch Krisen und auch dem Wandel einer Gesellschaft geht oft eine Krise voraus. Krise schließt Entwicklung mit ein, wenn diese wahrgenommen werden kann. Doch wie sehen die ästhetischen Parameter einer Krise aus? Und was spielt der Kreativitätsprozess dabei für eine Rolle? In der Zusammenarbeit mit gesellschaftlichen Randgruppen dokumentiert tools4art den subjektiven Umgang mit Krise, die Lösungen, welche praktiziert werden sowie die ganz persönliche Sicht auf die Gesellschaft, in der wir leben. Andererseits werden so vermehrt auch die durch Institutionalisierung hervorgerufenen bzw. unterstützten Krisen - wie Kommunikationstabus, Diskriminierung und Rassismus - augenscheinlich gemacht. In Form von „Übergangsprojekten“ zwischen psychosozialer Arbeit und Kunst, entsteht eine sinnliche Auseinandersetzung mit diesen Themen. Zu den Partner*innen gehören u.a., pro mente- Gesellschaft für psychische Gesundheit, der Verein der Wiener Jugendzentren, die Wiener Frauenhäuser, u.a.
Der gegenwärtigen Ausstellung „Atmosphärisches Fenster“ ist eine Ausstellung zur Eröffnung der psychotherapeutischen Praxis von Ursula Janig aka tools4art vorangegangen, in der das Thema der „Atmosphäre“, wie sie sich bildet und abbildet, was sie erschafft, im Vordergrund stand. Tools4art ist hier mit den „Roten Serien“ vertreten, Paper Cut - Zeichnungen aus den Jahren 2017-2023. In „Täterland“, „Negativ/Positiv“, „Bug out Bag/Fluchtrucksack“ und „Die Säule“ entwickelt sich mittels Materialien wie Buntstift, mehreren Papierlagen, Formaten und deren Rahmungen ein Spiel von symbolischen Darstellungen.
Ausstellungsdauer: 14. April - 11. Mai 2023
Besichtigungen außerhalb der angeführten Termin sind nach Vereinbarung unter:
bildraum@bildrecht.at möglich.
"Atmosphärisches Fenster" entstand auf Initiative von tools4art. tools4art arbeitet seit 25 Jahren an der Schnittstelle von künstlerischer Gestaltung und spezifischem, sozialem Umfeld und oft für und mit marginalisierten Randgruppen. Zu den Partner*innen gehören u.a., pro mente - Gesellschaft für psychische Gesundheit, der Verein der Wiener Jugendzentren und die Wiener Frauenhäuser.