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Foto: Moïa Jobin-Paré, filmstill, official trailer Tricky Women Filmfestival 2018 | © Bildrecht, Wien 2018

TRICKY WOMEN | MOÏA JOBIN-PARÉ | MICHELLE & URI KRANOT

Bildraum 07

8. März 2018 bis 22. März 2018

Tricky Women, das weltweit einzige Festival für Animationsfilmkunst von Frauen, versammelt im Bildraum 07 ein Potpourri an Techniken und Themen zeitgenössischer FilmemacherInnen.


MOÏA JOBIN-PARÉ | 4min15 au révélateur

Der im Bildraum 07 präsentierte Experimentalfilm 4min15 au révélateur stammt von der mehrfach ausgezeichneten kanadischen Filmemacherin und Künstlerin Moïa Jobin-Paré. Ausgehend von ihrem Interesse an der Fotografie rückt sie in dieser vielschichtigen Arbeit den grafischen Duktus und die Kraft von sichtbaren und imaginären Linien in den Mittelpunkt. Nach dem Studium von Film und Musik in Montreal widmete sich Jobin-Paré experimentellen audiovisuellen Ansätzen und verfeinerte ihre Technik der Kratzung von Silbergelatineabzügen. Ergänzend zum Film zeigt der Bildraum 07 ausgewählte Originale, die 4min15 au révélateur sowie dem ebenfalls von Moïa Jobin-Paré produzierten offiziellen Trailer des diesjährigen Tricky Women Filmfestivals vorausgegangen sind. 

In 4min15 au révélateur begegnen den BetrachterInnen Lichtblitze und Linien, die durch Schichten von verbranntem oder überbelichtetem Film gefiltert werden. Davor schiebt sich der Schatten einer Figur, die ihren Blick über eine unwirtliche und neblige Ecke von Québec ziehen lässt. Mit spielerisch platzierten Linien und Fäden spinnt sie eine künstlerische Alternativwelt. In dieser fließen pulsierende Ströme aus gelbem Licht fahle Betonmauern empor, breiten sich über den Stadtdschungel aus und schließen sich, feuernden Synapsen gleich, zu dichten Netzwerken zusammen. Was Moïa Jobin-Paré folgen lässt, ist eine Sequenz von Fades, Blitzen, Jump Cuts und flackerndem Licht. Die Figur verschwindet, es bleiben geisterhafte Pentimenti zurück, während sich die Oberseite des Bildrahmens langsam auflöst. 

Das in Auflösung Begriffene, der Moment kurz vor dem Verschwinden oder vor der (Aus-) Löschung, die Gleichzeitigkeit von Alt und Neu, der Wechsel von einer Realität in eine andere, sind zentrale Themen von Moïa Jobin-Paré. Mit der Bearbeitung der empfindlichen Abzüge kratz sie sinnbildlich an der Oberfläche, will das wahre Wesen enthüllen und das Verborgene aufdecken. Doch unter den Fotografien gibt es keine quantifizierbare "Wahrheit". Die gekratzten Originalfotografien und animierten Folgeproduktionen bewahren ihre kryptischen Anspielungen. Damit generiert Moïa Jobin-Paré in 4min15 au révélateur eine subjektive Realität, ein von Mysterien durchwobenes Wechselspiel, das zwischen Außen- und Innenwelt verhandelt. 


MICHELLE & URI KRANOT | Nothing Happens

Wir befinden uns am Rande einer Stadt. Trotz klirrender Kälte kommen nach und nach Schaulustige zusammen. Zwei Musiker schlendern durch die Landschaft, entspannt rauchend blicken sie sich um. Was oder wen sehen sie an? Die Frau mit dem Schlitten, die ab und zu auffliegenden Krähen in den kargen Baumwipfeln? Oder blicken sie tatsächlich auf diejenigen, die sie betrachten, auf uns, das partizipatorische Publikum von Nothing Happens

Die preisgekrönte Virtual-Reality-Produktion des Regieduos Michelle und Uri Kranot transformiert im Rahmen des Tricky Women Filmfestivals den Bildraum07 in ein winterliches Panorama aus Zeichnung und Malerei, rotoskopisch bearbeitet und in 3D animiert. Zunächst erscheint Nothing Happens ein schwerer Film mit scheinbar historischer Thematik und von beinahe schmerzhaft langsamen Tempo zu sein. Setzen wir die Virtual-Reality-Brille auf, sind wir ganz Teil des von Michelle und Uri Kranots inszenierten Schauspiels. Wir finden uns auf dem schneebedeckten Boden einer Grube wieder. Krähen scharen sich um uns. Zeit vergeht. Nichts passiert.

Doch plötzlich: heftiges Flügelschlagen, durchdringendes Gekrächze. Es scheint, dass wir versammelt wurden, um Zeugen einer brutalen Tat zu werden, um teilzunehmen am Beobachten und am Beobachtetwerden. In Nothing Happens laden Michelle und Uri Kranot zur virtuellen Reise, in der sich der blanke Schrecken entfaltet.Die Virtual-Reality erlaubt uns, verschiedene Perspektiven zu erleben und Details zu erfassen. Die Blickrichtung der Aufnahme wird zur Blickrichtung der Rezipienten. Wenn sie sich ändert, ändern auch die BetrachterInnen ihre Position, auch wenn sie sich nicht vom Fleck bewegen. Sie sind im doppelten Sinn innerlich bewegt.

Der immersive Charakter von Nothing Happens, die Aufhebung der Grenze zwischen Medium und BetrachterInnen, der Übergang vom physischen in den virtuellen Raum, verhandelt unausweichlich die Dimensionen von Nähe und Distanz und somit den Grad unserer Involvierung neu. In einer von Konflikten und Traumata überfluteten Welt fordert Nothing Happens eindringlich und hautnah dazu auf über den eigenen Standpunkt zu reflektieren.Zeitgleich erforschen Michelle und Uri Kranot die Verführbarkeit des Publikums, die Macht einer „entfesselten Kamera“, durch die der Blick und das Bewusstsein der BetrachterInnen in den Film eingewoben wird.

Ausstellungsdauer: 9.- 22. März 2018
auch am Samstag, 9. März von 11-16 Uhr geöffnet


Eine Kooperation der Bildrecht mit: 
Tricky Women 2018
7. bis 11. März 2018 | Metro Kinokulturhaus
www.trickywomen.at

VR Technik und Realisation:
VRisch
www.vrisch.at