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Foto: The Estate of Alfred Hrdlicka, Illustration, O.T., In: Die Briefe der Hausmeisterin Leopoldine Kolecek, Wien, 2015 | © Bildrecht, Wien 2019
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Foto: Alfred Hrdlicka, Illustration, In: Die Briefe der Hausmeisterin Leopoldine Kolecek, Wien 1978/2015 | © Bildrecht, Wien 2019

MANFRED CHOBOT | Alfred Hrdlicka

Bildraum 07

4. Dezember 2015 bis 4. Dezember 2015

In Gedenken an Alfred Hrdlicka präsentieren Manfred und Dagmar Chobot, der Löcker Verlag und die Bildrecht die Neuauflage von Die Briefe der Hausmeisterin Leopoldine Kolecek. Die Tuschezeichnungen von Alfred Hrdlicka ergänzen den Band in einmaliger Weise. 

Die von Manfred Chobot erstmals 1978 herausgegebenen Briefe von Leopoldine Kolecek eröffnen einen skurillen und abgründigen Blick auf das Wien der Nachkriegszeit. Werner Bodingbauer hat sie bei einem Spaziergang, fein säuberlich zusammengebündelt, in einer Schottergrube bei Braunau am Inn entdeckt. Ein glücklicher Zufall. Zehn Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs verlassen die Soldaten der alliierten Besatzungsmächte Österreich, das durch den Staatsvertrag seine Unabhängigkeit wiedererlangt hat. In dieser Zeit schreibt Leopoldine Kolecek ihre Briefe. 

Voll von orthographischen Fehlern und Stilblüten, sind sie dennoch ein Zeitdokument. Frau Kolecek wendet sich mit ihren Botschaften, die das Leben eines alten Hauses und das Leben in ihm schildern, stets an den Verwalter des Gebäudes. Und schildert dabei originale Zustände, Probleme, Schwierigkeiten. "Eine nicht zu unterschätzende Schwäche der Briefe stellt allerdings die Tatsache dar, daß es sich bei der Verfasserin um eine keineswegs außergewöhnliche Hausmeisterin handelt – weder um eine ehemalige Nutte, noch um einen Ex-Zuhälter und schon gar nicht um einen Fußball- oder Filmstar.

Es darf demnach nicht weiter verwundern, daß die Briefe der Leopoldine Kolecek niemals zu einem Bestseller werden können und sie selbst zu keiner Bestseller-Autorin. Ihre Berichte sind zwar ebenso realistisch, jedoch weitaus weniger spektakulär. Die erschütternde Problematik so mancher Sportlerbiographie ergreift nicht bloß einen beschränkten Personenkreis, sondern ganze Nationen. Bekanntermaßen ist Literatur langweilig und Realität spannend. – Die Aufklärung dieser Frage würde eine Dissertation rechtfertigen. Jugoslawische oder türkische Hausmeister sehen sich heute mit ähnlichen Schwierigkeiten konfrontiert wie die Generation der Leopoldine Kolecek. Auch sie werden von einer Sprache überrumpelt, die sie nicht verstehen. Grammatikalische und orthographische Fehler wurden – dem Original entsprechend – beibehalten. Sämtliche Namen wurden geändert. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen kann demnach nur zufällig sein." 

- Auszug aus dem Vorwort von Manfred Chobot, Wien, im Juli 1978. 


Die Briefe der Hausmeisterin Leopoldine Kolecek
Manfred Chobot
Neuauflage, Wien 2015, Hardcover mit SU
© Erhard Löcker GesmbH, Wien 2015
ISBN 978- 3-85409-772-3
100 Seiten, € 19,80

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Kulturabteilung der Stadt Wien (MA7), Literatur, sowie der Bildrecht GmbH.