EUGENIA MAXIMOVA | Silent River
Bildraum 01
30. September 2021 bis 22. Oktober 2021
Von 30. September bis 22. Oktober 2021 ist die Ausstellung "Silent River" von Eugenia Maximova im Bildraum 01 unter regulären Öffnungszeiten (Di-Fr: 13-18 Uhr) zu sehen.
Private Einzelführungen sind mit der Bildraum-Leitung ebenfalls nach Vereinbarung unter bildraum@bildrecht.at möglich.
COVID-19: Bei Besuchen bitten wir Sie eine FFP2-Maske zu tragen. Bitte kommen Sie zu allen Veranstaltungen mit aktuellem 2,5G-Nachweis (geimpft, genesen oder PCR-getestet).
In ihrer Ausstellung Silent River im Bildraum 01 erforscht Eugenia Maximova die sozialen, politischen und persönlichen Dimensionen eines Gewaltverbrechens. Ausgangspunkt ist der brutale Mord an Victoria Marinova, der sich am 6. Oktober 2018 in der bulgarischen Stadt Ruse zugetragen hat. Die Tat machte international Schlagzeilen und löste in ganz Europa Empörung aus. Die 30-jährige Marinova war nämlich Fernsehjournalistin, die es als eine der wenigen gewagt hatte, über die weitverbreitete Korruption des Landes zu berichten. So warf ihr Tod ein grelles Scheinwerferlicht auf die Missstände, die in Bulgarien vorherrschen, was Korruption, Pressefreiheit und Gewalt gegen Frauen betrifft. Doch als wenige Tage später ein junger Roma die Tat gestand und ein politisches Motiv somit von offizieller Seite aus ausgeschlossen wurde, verblasste das mediale Interesse rasch. Der 21-jährige Severin K. mag der Mörder sein, die Tat ein „tragischer Zufall“ – an den in vielerlei Hinsicht höchst problematischen Verhältnissen in Bulgarien ändert das freilich nichts.
Silent River ist eine künstlerische Auseinandersetzung mit dieser Tat und den gesellschaftlichen Umständen, die zu ihr geführt hatten. Es geht aber auch um persönlich-emotionale Aspekte und Folgen, denn Eugenia Maximova und die ermordete Victoria Marinova waren Schwägerinnen und eng befreundet gewesen. So lässt sich Silent River als Trauerarbeit, aber auch als Spurensuche verstehen: wie kann ein so grausamer Mord möglich sein? Lässt sich eine derartige Tat überhaupt verstehen? Kann alles wirklich so abgelaufen sein, wie es von offizieller Seite aus dargestellt wurde? Und nicht zuletzt: wie lässt es sich weiterleben, nach all dem was passiert ist?
Wie bereits in früheren Projekten, arbeitet Eugenia Maximova ausschließlich mit einer analogen Mittelformatkamera. Die Fotografien für Silent River entstanden während zahlreicher Besuche in Ruse, die sie nach dem Tod der Schwägerin tätigte, nicht zuletzt um ihrer Familie beizustehen. Ästhetisch stellen die Bilder bewusst einen Gegenpol zu der Übersättigung an Gewaltdarstellungen in Nachrichten und Netflixserien dar. Die quadratischen Fotografien bestehen vielmehr großteils aus kontemplativen und durchkomponierten Landschaftsaufnahmen, Stadtansichten, Detailstudien und Stillleben. Die schnelllebigen Medienbilder werden hier mit zeitlosen, menschenleeren Bildern ersetzt, die jedoch alle im direkten Bezug zu Victoria Marinova stehen: so ist der Tatort dokumentiert, die Joggingstrecke an der Donau, von der die junge Frau nicht mehr nach Hause kam, ihre Wohnung.
Zu sehen sind aber auch Orte, die ihr vermeintlicher Mörder besucht hat – die Bar etwa, in der er die Nacht durchzecht hatte bevor er sich auf den Heimweg machte, ins verarmte Ghetto der Roma-Bevölkerung. Ein Weg, der ihn an die Donau führte, wo er schließlich am späten Samstagvormittag auf Victoria traf. Von den dramatischen Ereignissen ist nichts zu sehen, sie lassen sich nur erahnen. Die Sprengkraft der Bilder zündet gerade durch die Leere und Belanglosigkeit, die sie vermitteln. Victoria Marinova bildet das unsichtbare Epizentrum und gerade in dieser gezielten Abwesenheit und Vagheit möchte Silent River die BetrachterInnen emotional stärker erreichen und dabei auch allgemeine Fragen zu unserem Umgang mit Gewaltverbrechen aber auch zur Darstellbarkeit in der Fotografie wecken.
Silent River erscheint auch unter dem gleichen Titel als Buch, für das der österreichisch-bulgarische Schriftsteller Dimitré Dinev ein sehr starkes und einfühlsames Essay schrieb, welches die elegischen und gleichsam anklagenden Bilder von Eugenia Maximova eindrücklich zu komplettieren versteht.
Text von Vreni Hockenjos, Reflektor
Ausstellungsdauer: 30. September - 22. Oktober 2021
Mehr Informationen finden Sie auf der Website von Eugenia Maximova.
Eine Programmpartnerschaft der Bildrecht mit der VIENNA DESIGN WEEK 2021 & dem Rotlicht Festival.